Über die schwäbische Unverschämtheit von ‚Rock & Rollinger’
Der Ton war bei den Urbands des ‚Schwobarock’ – ‚Wolle Kriwanek’, ‚Grachmusikoff’ und ‚Schwoißfuaß’ – kritisch bis systemkritisch. Die heutigen Mundart-Bands aus dem Ländle haben einen anderen Tenor. Sie sind hintergründig unverschämter und frecher, und sie verschaffen sich dadurch den Freiraum, mit dem sie das ‚Wir-Gefühl’ und die Heimatverbundenheit der Menschen stärken, ohne eine Gefahr für die Demokratie zu werden. In diesem Sinn sind sie politisch, wie es auf Schwäbisch nur sein kann.
Rockmusik und Volkslied
Hört man die ‚Schwabenhymne’ der 2008 gegründeten ‚Rock & Rollinger’, dann ist sie voller Liebe für die schöne Heimat – aber sage nicht, wie. Kompositorisch wagt dieses Duo tatsächlich, das Genre der Rockmusik in die Nähe des schwäbischen Volkslieds zu rücken und dabei auf einem süßen, humorvoll-ironischen Ton aufzubauen. Diese Meisterleistung eines Lieds hat einen Text, der sich mit dem Alltag in Schwaben beschäftigt, wie er klischeedurchzogener nicht sein kann, und ihn so verschönt, wie es die schwäbische Lebensart nun wiederum nicht hinbekommen kann.
Das schwäbische ‚Heidenei’
Man muss auch die Kombination der Textzeilen anschauen, um die Unverschämtheit dieser Mundart-Band zu verstehen. So heißt es in einer Zeile „Esset Spätzle, bauet Heißle,” – auf Hochdeutsch „(Wir) essen Spätzle, bauen Häuschen,” um in der nächsten den Ton zu verziehen durch „und mir saget Heidenei.” – in Hochdeutsch „und wir sagen: so etwas.” oder auch „und wir sagen: Das ist doch die Höhe.” oder „und wir sagen: so eine Sache.” Wer schwäbisch denkt, fühlt und spricht, weiß also, was ‚Heidenei’ alles bedeuten kann …
Das musikalische Spektrum dieser kleinen, hochintelligenten schwäbischen Mundart-Band reicht von nachdenklichen Liedern bis zu brutalen Rocksongs. Sie werden von Texten begleitet, die aus dem ländlichen und städtischen Alltag in Württemberg und über die schwäbische Lebensart berichten. Deshalb sind dies Zeilen, die jeder und jede mitsingen kann. In Gemeinschaft ergibt sich dadurch das erwähnte ‚Wir-Gefühl’ selbstverständlich – aber sage nicht, wie!